Ohne Kerosin nach Berlin.
27.09.2021
Ohne Kerosin nach Berlin ist ein bundesweiter
Fahrradprotest, initiiert von den Students for Future.
Vom 20. August bis zum
10. November sind mehrere Hundert Menschen in sechs Touren aus ganz Deutschland
nach Berlin gefahren, mit dem Ziel, im Hinblick auf die anstehende
Bundestagswahl Aufmerksamkeit auf die Klimakrise zu lenken und die Forderung nach
Klimagerechtigkeit zu verbreiten.
Auf dem Weg nach Berlin wurden viele Klimapolitisch
relevante Orte besucht, wie das Dorf Lützerath, das in den kommenden Monaten
zerstört werden soll, um dem naheliegenden Braunkohletagebau Platz zu schaffen,
oder das Steinkohlekraftwerk Datteln IV, welches in diesem Jahr neu ans Netz
gegangen ist und (inzwischen sogar gerichtlich bestätigt) an seinem Standort
illegal errichtet wurde.
Geschlafen wurde nach Tagesetappen mit im Schnitt 50
Kilometern im Zelt und versorgt wurden alle durch größtenteils gerettetes
Essen.
Alle anstehenden Aufgaben wurden unter allen aufgeteilt.
Dazu gehörte zum Beispiel das Vorbereiten von Frühstück und Abendessen, Be- und
Entladen des Versorgungswagens, Toiletten putzen oder während des Fahrens das
,,Korken'', wobei sich eine Person an Kreuzungen oder Seitenstraßen aufstellt,
damit keine Autos in die Demo fahren, und noch viele weitere Dinge.
So konnten alle Teilnehmer*innen kostenlos an der Tour
teilnehmen.
Die Westtour, der wir uns auch angeschlossen haben, ist am
24. August in Köln gestartet,
Da wir allerdings nur vom 06. Bis zum 10. September, also
die letzte der zweieinhalb Wochen, teilgenommen haben, mussten wir mit der Bahn
von Köln nach Wolfsburg fahren, von wo aus wir die Gruppe erreichen konnten.
Unsere Anreise gestaltete sich allerdings spannender, als
uns lieb war.
Da die DB bis dato nicht bereit war, in den
Tarifverhandlungen in ausreichendem Maße auf ihre Beschäftigten zuzugehen,
hatten sich diese sich zum fünftägigen Streik entschieden, in den wir genau
hineingerieten.
Anstatt um kurz nach zwei Uhr am Montagmorgen sind wir erst
gegen halb sechs vom Hauptbahnhof in Köln losgekommen.
Mit etwas Glück haben wir es aber geschafft, um 12 Uhr in
Wolfsburg anzukommen - wir hatten uns schon auf eine Ankunft erst am Abend
eingestellt.
Die letzten 40km haben wir auf dem Rad zurückgelegt und sind
dann zur Tour dazu gestoßen.
Für den restlichen Montag waren nicht mehr viele Kilometer
zurückzulegen und wir sind schon bald an unserem Schlafplatz angekommen - ein
kleines Freibad in der Nähe von Gardelegen, in dem wir Fuß- und Volleyball
spielen und natürlich auch schwimmen konnten.
Beim Abendessen wurden wir von allen Tour Teilnehmer*innen
erst einmal herzlich willkommen geheißen - knapp 100 Menschen, von denen wir
ungefähr die Hälfte schon durch unseren Aktivismus kannten und mit dem Rest
auch noch viele neue nette Menschen kennenlernen durften
Am Dienstagmorgen sind wir wie jeden Tag gegen 8 Uhr
aufgestanden, dann haben wir die meisten unserer Sachen eingepackt, bevor
gefrühstückt wurde.
Im Anschluss alles auf die Räder und Abfahrt zwischen halb zehn
und zehn.
Die Polizei ist vor und hinter uns gefahren, da jede
Tagesetappe als Demonstration angemeldet war und hat den Verkehr geregelt.
Wir sind durch viele kleine und größere Orte gefahren und
haben unser Anliegen und unsere Forderungen durch Demosprüche zum Ausdruck
gebracht. Wir haben ungefähr alle 20 Kilometer eine Pause gemacht und währenddessen
ist es immer wieder zu interessante Gespräche mit Menschen aus den jeweiligen
Orten gekommen.
Wir haben von sehr vielen Menschen positive Reaktionen und
freudige Gesichter zu sehen bekommen, wenn wir an ihnen vorbeigefahren sind. Es
kam auch immer wieder vor, dass uns komische Sprüche an den Kopf geworfen
wurden, der mit Abstand häufigste war wohl (zu unserer Überraschung) ,,Geht
doch arbeiten“, was bei uns, die wir Schüler*innen und zum großen Teil
Studierende in den Semesterferien, sowie einigen Menschen im Ruhestand waren,
natürlich eine relativ Inhaltslose Forderung darstellte (ja, es haben sich vier
Menschen der Großelterngeneration angeschlossen und sind die gesamte Tour
mitgefahren, zwei davon als Fahrradmechaniker).
Wir haben allerdings den Eindruck behalten, dass die
positive Resonanz auf jeden Fall überwogen hat.
Am Dienstagnachmittag sind wir in Stendal angekommen, wo wir
in einem großen Schrebergarten unsere Zelte aufschlagen konnten und uns am
Abend noch einer Laufdemo, organisiert von Fridays For Future Stendal,
angeschlossen haben.
Später beim Abendessen konnten wir uns noch mit den
Menschen der Ortsgruppe austauschen, in gemeinsamer Runde um ein warmes
Lagerfeuer.
Die nächsten Tage sind in ähnlicher Weise abgelaufen. Am
Mittwoch schliefen wir in Premnitz, einer kleinen Stadt an der Havel, wo uns
der Bürgermeister herzlich empfangen hat, uns etwas über die Geschichte der
Stadt erzählte und für den Abend ein veganes Essen organisiert hatte, welches
wir uns gerne schmecken ließen.
Vorher gab es noch die Möglichkeit, sich eine Aufführung auf
einem Theaterschiff anzuschauen, welche sich mit der Geschichte und dem
Strukturwandel der Region (im Osten Deutschlands) beschäftigte und in der Havel
konnte bei dem tollen Wetter, das wir in der Woche hatten, gebadet werden.
Die nächste Etappe am Donnerstag war mit 70 Kilometern etwas
länger und brachte uns bis nach Potsdam, wo wir im Klimacamp von FFF Potsdam
übernachtet haben. Auch durch Potsdam fließt die Havel und wir konnte uns noch
einmal abkühlen, bevor es am Nachmittag noch eine Laufdemo gab, organisiert
zusammen von FFF, der Seebrücke und anderen antirassistischen Gruppen.
Am Abend gab es im Klimacamp Live Musik von mehreren kleinen
Künstler*innen.
Um am letzten Tag der Tour richtig wach zu werden,
sprangen wir Freitagmorgen noch einmal kurz in den kalten Fluss bevor es dann
direkt weiter Richtung Berlin ging. Auf dem Weg dorthin schlossen sich uns
immer mehr Menschen an und wir fuhren schließlich mit ungefähr 1500 Menschen
über die Berliner Stadtautobahn, welche beidseitig gesperrt war – ein wirklich
tolles Gefühl, dem Traum der autofreien Stadt etwas näher zu sein! Danach kamen
wir gut gelaunt und mit ordentlich Lautstärke am Brandenburger Tor an und
verbrachten hier schließlich unsere letzten Stunden als geschlossene
Gemeinschaft auf der vorher organisierten Demo.
Unser Fazit:
Max: OKNB war für mich ein unbeschreibliches Erlebnis. Ich war
schwimmen, Volleyball spielen, kochen, im Theater, ohne Auto auf einer
Autobahn, Fahrrad fahren und natürlich demonstrieren. Dabei habe ich viele Orte
und Landschaften gesehen und unglaublich sympathische Menschen kennengelernt.
Die Kombination von diesen Menschen und einer sehr voll gepackten Tagesplanung
hat dazu geführt, dass sich jeder Tag wie eine Woche angefühlt hat und man
abends innerhalb von drei Sekunden eingeschlafen ist. Anschließend lässt sich
sagen, dass OKNB hoffentlich nicht nur sehr viele Spaß gemacht hat sondern die
Welt auch in Richtung Klimagerechtigkeit
bewegt hat.
Philip: Mir geht es genau so, wie Max und kann mich allem, was er
geschrieben hat nur anschließen. Jetzt bin ich gespannt auf die Bundestagswahl
und hoffe, dass wir mit OKNB und auch dem globalen Klimastreik von Fridays For
Future viele Menschen überzeugen können, für das Klima, für Veränderung und
gegen ein ,,weiter so‘‘ dieser jetzigen, untragbaren Politik zu stimmen!
Von Maximilian Rooks und Philip Nusbaum


